Shaun Doyle (geb.1968) und Mally Mallinson (geb.1970) arbeiten seit 2003 als Künstlerduo zusammen. Beide leben und arbeiten in London. Gemeinsam erarbeiten sie kunstprojekte, die aus erzählenden Skulpturen und Maquetten bestehen und als humoristische Kritik an jeder Form von Traditionalismus verstanden werden können. Ihre Kunstprojekte sind Visualisierungen einer Entdeckungstour durch das >> Never Never Land << der Kunst, Religion und Evolution.
Ihre Arbeit gleicht einer Reise. Ihr Gepäck beinhaltet Einflüsse von Giotto bis zu den Nazarenern, Anleihen bei Gartenzwergen, der Kreuzigung Christi, deutschen Andenken-Kitsch und halluzinogenen Pilzen. Zu sehen gibt es pathosreiche Szenen, die wie eine Ansammlung von Reflexionen über unsere Zeit und Gesellschaft wirken: Werke wie Dioramen, Themenparks des Geistes, Landschaften widersprüchlicher Glaubensbekenntnisse, durch deren gleichermaben dunkle wie humorvolle Attraktionen wir von den Künstler geführt werden. Wir sind eingeladen zu einer skulpturalen Achterbahnfahrt in Begleitung von Gestalten der christlichen Ikonographie: eine Fahrt, die unvermeidlich im Zusammenknall von Kreationismus und Evolutionstheorie endet.
Für DIFFERNT PLACES – DIFFERENT STORIES schlieben Doyle und Mallinson an die Werkgruppe >>Ecce Homo Erectus<< an, die vor kurzem im Rathaus von Venlo zu sehen war. Heirin erweisen sie dem berühmten niederländischen Paläontologen Eugene Dubois ihre Referenz, der eine Schädeldecke und einen Oberschenkelknochen entdeckte, die Indizien für einen unbekannten frühen Typus Mensch gaben, einer bis dato unbekannten Art in der Evolutionstheorie. Die Forschungen Dubois, der Venlo begraben liegt, wurden sein Leben lang sowohl von Seiten der Kirche als auch von Kollegen aus der Wissenschaft angefeindet. Letztere argumentierten, die gefundenen Knochen gehörten lediglich zu einer ausgestorbenen Art von Gibbons. Eine These, der sich heute die Vertreter des Kreationismus bedienen.
Ein engagierter Bezug zu dem Aufstellungsort eines Kunstwerks ist wesentlicher Bestandteil des Werkbegriffs von Doyle und Mallinson. Im Herzen des Einkaufszentrums von Venray stellen sie das vier Meter hohe aufrecht stehende Skelett eines Affen aus Polyester-Material auf. Im Mittelalter war Venray eine Hochburg des Katholizismus. Es gab 14 katholische Klöster. Die Skulptur steht also auf von alters her geweihtem Boden. Gleichzeitung erinnert die Figur an die berüchtigte Geschichte vom >>Piltdown-Menschen<<: 1912 wurde im englischen Piltdown ein Schädel gefunden, den die Wissenschaft jahrzehntelang für das >>missing link<< hielt, bis sich 1948 herausstellte, dass es sich um eine Fälschung handelte. Der Schädel war lediglich die Montage aus Kieferknocken eines Orang-Utans: ein Beweis dafür, dass der Mensch gerne findet, was er zu finden hofft.
Doyle und Mallinson nennen ihr Werk >>Ecce Homo Tesco<< nach der führenden niederländischen Supermarktkette >>Tesco<<: >>Vielleicht ist der Homo Tesco am Ende das Resultat des fatalistisch geführten Preiskriegs zwischen den Supermarktketten. Vor diesem Hintergrund wirkt es mehr als ironisch, dass das lateintische >tescum< >Wüste< oder >Einöde< bedeutet. Der Homo Tesco ist somit nicht nur eine archäologische Entdeckung der Zukunft, sondern auch ein Seitenheib auf den schier ungebremsten Aufmarsch der Supermärkte, die versuchen, die Welt zu beherrschen.<<
Theo Lenders und Pascal Mansvelders, 2009